Der Turmvorraum

Im Turmvorraum, der sich neben der Brauthalle befindet, fällt die krasse violette Farbgebung ins Auge.                                                       ‚Wo bin ich hier?’ Man mag bereits den kleinen Vorraum vor der Brauthalle, in dem ein leuchtendes Blau und eine violette Wand aufeinanderstoßen, zwischen ihnen einen schreiend weißer Stuckkranz, merkwürdig gefunden haben - was aber ist hier? Wohlfühlen kann man sich kaum.

Angezogen wird der Blick des Betrachters von dem im Grauton gehaltenen Treppengeländer. Folgt man seinem Lauf bis nach oben, so entdeckt man ein kunstvoll gestaltetes Band, das die Wände mit der Decke verbindet.  Ein markanter, überdimensionierter, schwarzer Heizkörper, betont in einen Torbogen gestellt, gehört zum Turmvorraum. Er ist inzwischen ein technisches Denkmal geworden.

Wie ist dieser Raum zu verstehen? Der Handlauf in seiner geschlungenen Form, so wird man als erstes sagen, gibt eines der entscheidenden Gestaltungselemente des dekorativen Jugendstils wieder. Otto Eckmann brachte es 1897 in der ersten Ausgabe der von ihm gegründeten Zeitschrift „Jugendstil“ mit dem Wandbehang „Fünf Schwäne“ auf das Titelblatt. Die Schwäne bewegen sich auf einem Fluss, der sich mehrfach s-förmig windet. Dieses Bild ist, wie die Kunsthistorikerin Elke von Radziewsky sagte, „eines der Wappenbilder des Jugendstils“. Koeppen und Markau präsentieren es (ohne Schwäne) im Turmvorraum.


Der große Heizkörper und die Toiletten schräg gegenüber stehen für ein grundlegendes Prinzip des Jugendstils: Bejahung der Technik und Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse, die nicht versteckt werden. Otto Wagner hat als erster (zum Erschrecken des konservativen Wiens) in seiner „Kathedrale des Jugendstils“, der St. Leopoldkirche, eine Toilette eingebaut.

Und das – penetrante - Violett? Hier haben offenbar die Maler Wolff und Markau einen Effekt aufgenommen, der in manchen Schlössern üblich ist. Will man z.B. im Schloss Oranienburg in das einzigartige Porzellankabinett kommen, muss man vorher durch ein schwarzes „Lackkabinett“ gehen, um danach die Schönheit und Kostbarkeit des Raumes zu erleben. Alle Vorräume der Hoffnungskirche sind in grellen Farben gehalten. Besucherin und Besucher sollen bei ihrem Durchschreiten einen farbpsychologischen Schock erhalten, um die Schönheit des Innenraums danach intensiver zu erleben.